Pasta-Freitag: Spaghetti mit Calamaretti, Chorizo und Paprika
Wahrscheinlich habe ich Euch schon mal erzählt, dass wir die meisten Lebensmittel in zwei Großmärkten einkaufen. Einer dieser Großmärkte – für alle aus der Region, der RATIO Großmarkt – wird zur Zeit umfangreich umgebaut. Es gibt, unter anderem, neue Regale und die Waren werden neu und anders gruppiert und positioniert. Im Ergebnis ist man ständig am Suchen und am Fragen, wo bestimmte Artikel denn geblieben sind.
Fast alle langjährigen Mitarbeiter kennen mich, weil ich dort seit über 20 Jahren einkaufe. Einen Mitarbeiter habe ich gefragt, wo denn der Modderschrank geblieben sei? Erst als mich der Mitarbeiter mehr als fragend ansah, wurde mir klar das er, wahrscheinlich genau wie Ihr mit dem Begriff „Modderschrank“ so überhaupt nichts anfangen konnte.
In diesem Großmarkt werden Waren, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) stehen, zum halben Preis verkauft. Mindesthaltbarkeitsdatum – der Name sagt es ja bereits, ist ein Datum bis zu dem das Produkt mindestens haltbar ist. Nahezu alle Produkte halten sich deutlich länger. Bei einigen Produkten ist ein Mindesthaltbarkeitsdatum nahezu lächerlich: Salz ist Jahrmillionen alt und für uns verpackt soll es plötzlich in ein paar Jahren „schlecht“ werden? Da ist selbst der Staub, zu dem wir irgendwann mal zerfallen werden, schon selbst wieder zerfallen und das Salz ist immer noch vollkommen intakt. Viele Käsesorten sind erst dann richtig reif und verzehrfertig, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht oder überschritten ist.
Jetzt aber zurück zu dem Modderschrank: Ganz am Anfang, als ich begann im Großmarkt einzukaufen, wurde die kurzdatierte Ware, die kurz vor Ablauf des MHDs stand, in einem großen Glastüren-Kühlschrank angeboten. Diesen haben wir liebevoll „Modderschrank“ getauft. Wir kaufen oft und gerne Waren aus dem Modderschrank, weil wir sie so vor dem Müll bewahren und gute Produkte zu einem sehr günstigen Preis bekommen. Etwas gegen die Lebensmittelverschwendung getan, Geld gespart und feine Produkte, die einen zu neuen Ideen anregen eingekauft – was will man mehr?
Ja, und was lag da im Modderschrank? Eine wunderbare Chorizo, diese würzig-scharfe spanische Paprikawurst, die eigentlich fast nicht „schlecht“ werden kann, nur eben reifer und dabei häufig auch noch köstlicher. Die haben wir uns natürlich sofort aus dem Modderschrank geschnappt und sie war die Initialzündung für das heutige Pasta-Gericht, in dem ich Chorizo mit Calamaretti kombiniere – eine aromatische Kombination, die sehr gut zueinander und zu Pasta passt – nur dürft Ihr nicht zu viel Chorizo nehmen, weil sonst der Calamaretti sich aromatisch nicht behaupten kann.
Zutaten für vier Portionen:
800 g Calamaretti TK glasiert oder 700 g frisch
40 ml Olivenöl zum Anbraten der Calamaretti (ca. 4 EL)
700 g Tomaten (ca. 4 große Tomaten)
60 g Schalotten (ca. 3 bis 6 Schalotten)
20 g Knoblauch (ca. 4 bis 6 Zehen)
300 g roten Gemüsepaprika oder alternativ roten Spitzpaprika
4 Stück Frühlingszwiebeln
80 g Chorizo
30 ml Olivenöl zum Ausbraten der Chorizo (ca. 3 EL)
200 ml trockenen Weißwein
100 ml Noilly Prat
1 Stück Bio-Zitrone (Abrieb und etwas Saft)
20 ml frisch gepressten Zitronensaft
8 g feines Meersalz
6 g Edelsüßes Paprikapulver
2 g Zucker
8 g frischen Oregano (abgezupfte Blättchen wiegen)
2 g frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer
400 – 440 g Spaghetti
4 Liter Wasser
68 g feines Meersalz
einige kleine Oregano-Blättchen und ggf. Oreganoblüten zur Dekoration
Vorbereitung am Vortag – bei gefrorenen Calamaretti:
Sofern Ihr gefrorene Calamaretti verwendet, diese am Vortag in ein Sieb geben, unter das Sieb eine Schüssel stellen und sie langsam im Kühlschrank auftauen lassen. Die gefrorenen Calamaretti sind üblicherweise glasiert, also beim Einfrieren mit einer dünnen Schicht Wasser überzogen worden. Diese Glasur macht üblicherweise 10 % des Gewichtes aus. Daher benötigen wir von den gefrorenen Calamaretti etwas mehr als von frischen. Das Auftauen im Sieb mit untergestellter Schüssel sorgt dafür, dass die Glasur sofort abtropfen kann und die Calamaretti nicht verwässert werden.
Zubereitung:
(1) Zum Häuten der Tomaten in dem Topf, in dem Ihr später die Spaghetti kochen möchtet, Wasser aufstellen und mit Deckel zum Kochen bringen. In den Topf muss so viel Wasser sein, dass die Tomaten darin schwimmen können. Ein anderes, großes Gefäß mit kaltem Wasser bereitstellen. Sobald das Wasser kocht, die Tomaten für 60 Sekunden in das kochende Wasser geben. Nach den 60 Sekunden die Tomaten sofort in das kalte Wasser geben und fast vollständig abkühlen lassen.
Die kurze Zeit des Überbrühens und das sofortige, schnelle Abkühlen ist wichtig, damit das Tomatenfruchtfleisch nicht gart. Sobald das Fruchtfleisch unter der Schale matschig wird, war die Tomate zu lange im heißen Wasser und/oder wurde nicht schnell genug abgekühlt.
Die überbrühten Tomaten häuten, entkernen und das Tomatenfruchtfleisch in Würfel schneiden. Diese müssen nicht besonders exakt sein, weil die Tomate ohnehin in der Pastasauce zerfällt und sich die Würfel sozusagen auflösen.
Hinweis: Das Wasser vom Brühen der Tomaten und das Wasser vom Abkühlen der Tomaten bitte nicht weggießen! Das verwenden wir weiter zum Kochen der Pasta! Wenn die Pasta in dem Wasser ein leichtes Tomatenaroma bekommt, stört das überhaupt nicht!
(2) Die Schalotten und den Knoblauch schälen. Die Schalotten in feine Würfel und den Knoblauch in sehr feine Würfel schneiden.
(3) Den Paprika halbieren und das Kerngehäuse entfernen. Die weißen/hellen Samenlamellen herausschneiden und alle Kerne entfernen. Den Paprika zunächst in feine Streifen und dann in feine Würfel (ca. 0,5 cm Kantenlänge) schneiden.
Tipp: Besonders elegant wird das Gericht, wenn Ihr den Paprika mit einem Sparschäler schält. Das funktioniert allerdings nur mit Gemüsepaprika. Spitzpaprikas haben ein relativ dünnes Fruchtfleisch. Nach dem Schälen würde nur noch sehr wenig Paprika übrig bleiben. Wenn Ihr den Paprika schälen wollt, dann veranschlagt ca. 200 g mehr Paprika – also insgesamt 500 g Gemüsepaprika.
(4) Von den Frühlingszwiebeln den dunkelgrünen Lauch abschneiden, in dünne Ringe schneiden und separat bei Seite stellen. Den verbleibenden weißen/hellgrünen Teil der Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden.
(5) Die Arme, die langen Fangarme und den Körper der Calamaretti aus den weißen Tuben ziehen. Die langen Fangarme abschneiden und die kleinen Arme im Ganzen abschneiden. Die knorpeligen Stellen aus dem Körper, oberhalb der kleinen Arme, herausschneiden und den Körper und die langen Fangarme klein schneiden. Die weißen Tuben in Ringe schneiden und in zwei gleich große Portionen teilen. Zu der ersten Portion der Calamaretti-Ringe die klein geschnittenen langen Fangarme und das Fleisch des Körpers geben. Zu der zweiten Portion die kleinen Arme geben, die im Ganzen bleiben.
(6) Die Chorizo von der Haut befreien und in kleine, ca. 3 bis 4 mm große Würfel schneiden. Das Olivenöl in eine beschichtete Pfanne geben und die Chorizo-Würfel darin bei milder Hitze ausbraten. Sie dürfen gerne etwas knusprig werden, sollten aber nicht zu sehr bräunen.
(7) Das Wasser vom Brühen und Abkühlen der Tomaten abmessen und in dem Topf ohne Salz aber mit Deckel aufstellen und zum Kochen bringen. Darin werden wir die Pasta kochen.
(8) Die Paprikawürfel in die Pfanne mit den ausgebratenen Chorizo-Würfeln geben und ca. vier Minuten braten. Dann die Schalotten-Würfel und die weißen/hellgrünen Ringe der Frühlingszwiebel hinzufügen und ca. 2 Minuten braten. Jetzt noch den fein geschnittenen Knoblauch dazu geben und alles für ca. 1 Minute weiter braten.
(9) Die Tomatenfruchtfleischwürfel hinzufügen und unter ständigem Rühren alles weiter garen, bis sich das Tomatenfruchtfleisch auflöst und eine leicht cremige Konsistenz entsteht.
(10) Den Saucenansatz mit Weißwein und Noilly Prat ablöschen. Die Sauce wieder bis zu einer cremigen Konsistenz einkochen. Während des Einkochens die Schale einer Bio-Zitrone über der Pfanne abreiben und dabei darauf achten, nur die gelbe Schale abzureiben. Nach dem Einkochen die Herdplatte ausschalten und die Pfanne auf der noch heißen Herdplatte stehen lassen. Die Zitrone halbieren, eine Hälfte auspressen und 20 ml Zitronensaft hinzufügen. Salz, Zucker und Paprikapulver dazu geben.
(11) Das Salz in das sprudeln kochende Pastawasser geben, den Deckel auflegen und das Wasser wieder zum Kochen bringen. Die Spaghetti in den Topf geben und al dente kochen.
(12) Die abgezupften Oregano-Blättchen in feine Streifen schneiden und gemeinsam mit den dunkelgrünen Ringen der Frühlingszwiebeln zu dem Saucenansatz geben. Den frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer hinzugeben und alles miteinander vermischen.
(13) In einer separaten, beschichteten Pfanne 20 ml Olivenöl (ca. 2 EL) hoch erhitzen. Darin werden die Calamaretti angebraten. Die Calamaretti dürfen erst angebraten werden, wenn die Pasta fast fertig ist!
(14) Die erste Portion der Calamaretti – die Portion mit den langen Fangarmen und dem Fleisch vom Körper bei hoher Hitze eine Minute anbraten. Bitte die Calamaretti auf keinen Fall länger braten, weil sie sonst hart und zäh wie Gummi werden.
(15) Die Sauce von der noch warmen/heißen Herdplatte nehmen, die gebratenen Calamaretti und die tropfnassen Spaghetti hinzufügen und alles miteinander vermischen.
(16) Erneut 20 ml Olivenöl (ca. 2 EL) in der Pfanne zum Anbraten der zweiten Portion der Calamaretti hoch erhitzen.
(17) Die Spaghetti mit der Sauce auf vorgewärmten Pastatellern anrichten.
(18) Die zweite Portion der Calamaretti bei hoher Hitze für eine Minute scharf anbraten und mit einer guten Prise feinem Meersalz würzen. Die gebratenen Calamaretti auf die angerichtete Pasta verteilen, mit einigen kleinen Oregano-Blättchen und – sofern vorhanden einigen Oregano-Blüten – dekorieren und sofort servieren.
Hinweis: Die erste Portion der Calamaretti, die unter die Sauce gemischt wurde, nimmt ein wenig die rote Farbe von Paprika, Paprikapulver und Chorizo an. Der zweite, separat angebratene Teil der Calamaretti bleibt dagegen schön weiß und gibt einen guten Kontrast auf der rötlichen Pasta.
Buon appetito!
Getränk:
Für das Pfeifhäschen gab es – auf Ihren ausdrücklichen Wunsch – ein Glas Wasser mit ein wenig Limettensaft und einer Limettenscheibe. Ich habe mir ein Glas von dem Weißwein gegönnt, mit dem ich das Gericht gekocht habe. Nun gut, in der Küche gab es auch schon ein Glas von dem Weißwein – ich musste ja schließlich kosten, ob der Weißwein OK ist, nicht das er hinterher noch das ganze Gericht verdirbt. Dass ich den Weißwein schon seit Jahren kenne und gerne zum Kochen verwende, sollte ich jetzt vielleicht besser verschweigen?!?
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