Grünkohl mit Entenfleischpflanzerln und Drillingen – ein Klassiker modern interpretiert
Die Messe „Fisch & Feines“, die in diesem Jahr vom 06. bis 08. November 2015 in Bremen stattfindet, hat dazu aufgerufen, entweder ein Gericht mit Bier und/oder Grünkohl zu entwickeln und zu veröffentlichen. Der Grünkohl soll dabei aber ohne seine klassischen Begleiter wie Pinkel, Kassler, Mett- oder Kochwurst auskommen.
Klein Problem! Ich habe den Grünkohl neu interpretiert und leichter mit etwas weniger Fett umgesetzt. Selbstverständlich bleibt hier der gute Geschmack nicht auf der Strecke und es wird auch eine gewisse Menge an Fett zum Einsatz kommen – aber eben deutlich weniger als in der klassischen Zubereitung und bei den klassischen Beilagen. Durch die moderne Interpretation wird der klassische Grünkohl leichter und eleganter. Durch die relativ kurze Garzeit hat der Grünkohl etwas mehr Textur und die „schwefeligen“ Noten, die bei Kohl ganz allgemein durch eine längere Garzeit zum Vorschein kommen, sind bei dieser Zubereitungsweise nicht präsent.
Grünkohl, schon jetzt? Ja, warum denn eigentlich nicht? Grünkohl wird jetzt noch nicht frisch angeboten und auf TK-Grünkohl oder Grünkohl im Glas zurück zu geifen, kam für uns nicht in Frage. Wir kennen einen Landwirt, der diverse Gemüse und somit auch einen Grünkohl, der auch ohne Frost schmeckt, anbaut. Den haben wir gebeten für uns schon mal ein paar Kronen zu schneiden. Fragt doch bei Euren Gemüsehändlern auf dem Wochenmarkt nach! Sicherlich schneiden die für Euch auch schon jetzt mal ein paar Grünkohl-Kronen.
Vielleicht nochmal zum Thema Fett: Das Gericht kommt ausschließlich mit dem Fett aus der Entenhaut aus, von dem in der Regel nicht mal alles für das Gericht benötigt wird. Üblicherweise wiegt die Entenhaut einer Keule ca. 60 g, bei vier Entenkeulen ergibt das ca. 240 g Entenhaut. Insgesamt wird für das Rezept jedoch nur 180 g durchgedrehte Entenhaut benötigt. Lediglich der zur Aromatisierung hinzugefügte Merano-Speck bringt noch mal etwas zusätzliches Fett in das Gericht.
Zutaten für vier Portionen:
1.400 g Entenkeulen (4 Stück á 350 g)
1,5 KG frische Grünkohl-Kronen, kein bereits gerebelter Grünkohl (von den Stilen und Blattachsen befreiter Grünkohl)
1,5 KG Kartoffeln, möglichst Drillinge oder kleine Kartoffeln mit dünner Schale
Zutaten für die Entenfleischpflanzerl:
900 g Entenhackfleisch vom mageren Entenkeulenfleisch (ohne Haut)
110 g durchgedrehte Entenhaut (90 g für das Hackfleisch, 20 g zum Anbraten der Schalottenwürfel)
2 Stück Sandwich-Toastbrot-Scheiben oder 3 Stück Toastbrot-Scheiben
70 g feine Schalottenwürfel (ca. 3 bis 5 Schalotten)
90 ml Milch
12 g Salz (ca. 2 TL)
1,5 g Zucker (ca. 1/2 gestrichener TL)
0,5 g frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer (ca. 1/2 gestrichener TL)
1 Stück Bio-Orange (benötigt wird nur der Abrieb von 1/4 der Orange)
1 Stück Ei, Größe M
ca. 40 g durchgedrehte Entenhaut zum Braten der Fleischpflanzerl – je nach Pfannengröße müssen die Fleischpflanzerl in zwei Portionen gebraten werden. Jeweils 20 g durchgedrehte Entenhaut als Bratfett auslassen
Zutaten für den Grünkohl:
Blanchierten, im Eiswasser abgekühlten und gut abgetropften Grünkohl
80 g Merano-Speck
150 g Schalotten
30 g durchgedrehte Entenhaut
Vorbereitung der Hackmasse für die Entenfleischpflanzerl:
(1) Die Entenkeulen entbeinen und die Haut von der Entenkeule lösen. Zum Entbeinen der Entenkeulen auf der Unterseite der Keule auf den Knochen entlang schneiden und die Haut und das Fleisch auf dem Gelenk durchtrennen. Am Kniegelenk rund um den Knochen einschneiden und dabei alle weißen Sehnen durchtrennen. Jetzt die Knochen und das Gelenk auslösen. Die Haut so weit es geht mit den Fingern vom Fleisch lösen. An vielen Stellen sitzt die Haut jedoch sehr fest. Dort die Haut auf Spannung halten und mit kleinen, vorsichtigen Schnitten vom Fleisch lösen. Dabei sollte nicht in das Fleisch geschnitten werden. Das Entenfleisch von allen sichtbaren weißen Sehnensträngen befreien. Die dünne Silberhaut kann auf dem Entenfleisch verbleiben. Eine umfangreichere Anleitung zum Entbeinen einer Entenkeule gibt es im Bereich Küchenhandwerk: Entenkeule entbeinen
Tipp: Aus den Knochen und den Sehnen könnt Ihr einen kleinen Entenfond ansetzen, den Ihr zum Angießen anderer Gerichte verwenden könnt. Ihr müsstet ca. 250 g Knochen, Sehnen und Abschnitte vom Entbeinen übrig behalten haben. Die Knochen am Gelenk voneinander trennen und in einen kleinen Topf schichten. Mit ca. 500 ml Wasser angießen, so dass die Knochen gerade bedeckt sind, die Knochen einmal aufkochen, den austretenden Eiweißschaum abschöpfen und dann auf kleinster Hitze ca. 2 Stunden auskochen. Danach könnt Ihr, wie im Grundrezept Geflügelfond beschrieben, weiter vorgehen, um den Fond fertig zu kochen.
(2) Das magere Entenkeulenfleisch in grobe Stücke schneiden und durch den Fleischwolf lassen. Die Entenhaut getrennt vom mageren Entenkeulenfleisch durch den Fleischwolf lassen und separat auffangen. Zum Abschluss das Toastbrot entrinden, in Würfel scheiden und ebenfalls durch den Fleischwolf lassen.
(3) Das durchgedrehte Toastbrot in eine große Schüssel geben, die Schalotten schälen und in feine Würfel schneiden sowie die Milch abmessen. In einer beschichteten Pfanne 20 g der durchgelassenen Entenhaut unter gelegentlichem Rühren auslassen. Die Schalottenwürfel hinzufügen und glasig ohne Farbe anschwitzen und mit der Milch ablöschen. Die Schalotten-Milch-Mischung über das durchgelassene Toastbrot geben.
(4) Die verbliebenen 90 g Entenfett in die Schüssel geben und Salz, Zucker, Pfeffer und den Abrieb von 1/4 Orange (nicht mehr!) hinzufügen. Die Mischung grob vermengen und für 10 bis 15 Minuten ruhen lassen. In dieser Zeit wird das durchgelassene Entenfett in der warmen Milch geschmeidig und das Toastbrot saugt sich voll mit der Milch. Nach der Ruhezeit alles sehr gut vermengen – das Zwischenergebnis sieht jetzt zwar nicht besonders appetitlich aus – aber es wird…
(5) Nun das magere Entenhackfleisch und das Ei hinzufügen und alles sorgfältig mit einer Gabel vermengen. Alle Zutaten sollen zwar zu einer homogenen Masse verarbeitet werden, aber die mechanische Einwirkung auf das Entenhackfleisch sollte nicht so groß sein, dass die einzelnen Entenfleischstückchen ausfasern. Die Hackmasse abschmecken und evtl. noch mit Salz und Pfeffer nachwürzen.
Vorbereitung des Grünkohl:
(1) Von den Grünkohl-Kronen die großen Blätter abtrennen und den Stil einkürzen. Den Grünkohl sorgfältig, mindestens zweimal waschen. In den krausen, verwundenen Blättern hängt oft noch eine Menge Sand, der sorgfältig entfernt werden sollte
(2) In einem großen Topf Wasser aufstellen und zum Kochen bringen. Der Topf sollte nur etwa bis etwas über die Hälfte mit Wasser gefüllt sein. Abhängig von der Topfgröße muss der Grünkohl in mehreren, auf die Topfgröße abgestimmten Portionen blanchiert werden. Wenn das Wasser sprudelnd kocht, pro Liter Wasser 10 g Salz hinzufügen. Bei einem 10 Liter-Topf wären das z.B. 6 Liter Wasser und 60 g Salz. Das Salz in keinem Fall vor dem sprudelnden Kochen hinzufügen! Einerseits setzt das Salz den Siedepunkt des Wassers herauf und es ist mehr Energie erforderlich, um das Wasser zum Kochen zu bringen. Andererseits führt in Edelstahltöpfen eine chemische Reaktion dazu, dass das Salz am Topboden kleine Löcher in den Edelstahlboden des Topfe frisst. Wenn das Wasser sprudelnd am Kochen ist, lagern sich die Salzkörner/-kristalle nicht am Topfboden ab und werden durch die Bewegung aufgelöst.
(3) Während das Wasser heiß wird, den Grünkohl von den Stängeln abzupfen. Im unteren Teil des Blattes geht es sehr gut von der Blattspitze in Richtung der Blattachse (Verbindung des Blattes mit dem Stil/Stamm). Im oberen Teil besser in Richtung der Blattspitze. Es sollte so wenig wie möglich von dem Mittelstrunk des Blattes an dem Grünkohl verbleiben.
(4) Den Grünkohl nun portionsweise ca. 4 bis 6 Minuten blanchieren. Der Grünkohl sollte eine angenehme Konsistenz zum Essen haben – er wird später nicht mehr weiter gegart, sonder nur noch erhitzt. Einfach gegen Ende der Garzeit ein Stück von den härteren, äußeren Blättern probieren. Sie sollten sich angenehm kauen lassen, aber auch noch Biss haben.
(5) Nach dem Blanchieren den Grünkohl sofort in gesalzenes Eiswasser geben, um den Garprozess zu unterbrechen und die grüne Farbe zu stabilisieren. Auf 10 Liter Wasser 100 g Salz geben und durch Rühren auflösen. Dem Salzwasser ca. 30 Eiswürfel hinzufügen und darin den heißen blanchierten Grünkohl so schnell wie möglich herunterkühlen. Den kalten Grünkohl in einem Durchschlag gut abtropfen lassen.
Zubereitung:
(1) Wenn Ihr den Anrichte-Vorschlag im Bild aufgreifen möchtet, dann von den Drillingen oder kleinen Kartoffeln die Enden im rohen Zustand abschneiden. Die Mittelstücke der Kartoffeln sollten die gleiche Höhe haben. Die Abschnitte könnt Ihr z.B. in Eintöpfen weiter verwenden. Wenn Ihr ganze Kartoffeln servieren wollt, dann reicht 1 KG Kartoffeln für vier Personen aus.
Bei uns werden solche Abschnitte mit gekocht und kommen mit Gemüse und Kräutern zum Futter unserer Hündin. Nein, wir ernähren unsere Hündin nicht von Abschnitten, sondern kaufen für Sie extra Gemüse, Kartoffeln und selbstverständlich Fleisch ein – von Abschnitten aus der Küche würde sie nicht mal einen halben Tag lang satt.
(2) Die Kartoffeln möglichst mit einem Topfeinsatz nur im Dampf garen. Wenn Ihr einen derartigen Topfeinsatz oder Dämpfkorb nicht habt, dann kocht die Kartoffeln ganz klassisch.
(3) Aus der Entenhackfleisch-Masse Fleischpflanzerl formen. Weil die Hackmasse verhältnismäßig weich ist und gut an den Fingern kleben bleibt, die Fleischpflanzerl mit feuchten Händen formen und die Hände nach zwei bis drei Stück erneut befeuchten. Beim Anrichten sieht es besonders schön aus, wenn alle Fleischpflanzerl in etwa die gleiche Größe haben. Ich habe jeweils 65 g-Portionen der Hackmasse abgewogen – das ergibt dann vier Stück pro Person und etwas Hackmasse für eine Bratprobe sollte auch noch übrig bleiben.
(4) 20 g durchgedrehte Entenhaut in einer beschichteten Bratpfanne auslassen. Die sich bildenden Grieben herausnehmen und die geformten Entenfleischpflanzerl in die Pfanne geben und bei knapp halber Hitze langsam braten. Die Entenfleischpflanzerl sollten zwar oben und unten leicht, aber eben auch nicht zu stark bräunen. Die fertigen Entenfleischpflanzerl könnt Ihr im Backofen bei 80 °C Ober-/Unterhitze gemeinsam mit den vorgewärmten Tellern warm halten.
(5) Den Merano-Speck in ca. 1 mm dünne Scheiben schneiden. Das gelingt am leichtesten auf der Aufschnittmaschine. und dann in ca. 1 mm dünne Streifen. Merano-Speck verwende ich hier, weil er ein intensives, kräftiges Aroma hat, aber gegenüber durchwachsenem Speck einen deutlich geringeren Fett-Anteil hat.
(6) Die Schalotten schälen und in gröbere Würfel (ca. 4 x 4 mm) schneiden. Die durchgedrehte Entenhaut in einer Pfanne auslassen, die Merano-Speckstreifen darin leicht knusprig ausbraten und dann die Schalottenwürfel glasig ohne Farbe anschwitzen.
(7) Den gut abgetropften Grünkohl in die Bratpfanne mit dem Merano-Speck und den Zwiebeln geben und kurz anschwenken und dabei heiß werden lassen. Den Grünkohl ggf. noch mit etwas Salz abschmecken und sofort anrichten. Je länger der Grünkohl jetzt warm gehalten wird, desto mehr von seiner grünen Farbe verliert er.
Anrichten:
Den Grünkohl auf vorgewärmten Tellern anrichten, die Entenfleischpflanzerl eventuell halbieren und dekorativ auf den Grünkohl setzen und die Kartoffeln darum gruppieren.
Getränk:
Zu diesem Gericht passt sowohl ein frisches, helles Bier, aber auch ein gut gekühlter Weißwein oder ein leichter Rotwein, z.B. ein Beaujourlais harmonieren mit diesem Gericht.
Tipps:
Wenn Ihr das Gericht noch etwas aufpimpen wollt, dann könnt Ihr die Kartoffeln in etwas Butter oder brauner Nussbutter anbraten bis sich leichte braune Bratspuren zeigen. Das bringt noch mal zusätzlichen Geschmack, aber eben auch zusätzliches Fett an das Gericht.
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