Gänseschmalz und Gänsegriebenschmalz selber herstellen – Grundrezept
Gänseschmalz
Gänseschmalz ist ein äußerst delikates Fett. Zum Beispiel schmecken Bratkartoffeln, die in einer gusseisernen Bratpfanne bei milder Hitze langsam knusprig gebraten werden, in Gänseschmalz mit Abstand am besten. Kohlgerichten gibt Gänseschmalz erst so den richtigen geschmacklichen Twist. So wird Grünkohl ohne Gänseschmalz nie den typischen Geschmack erreichen können. Probiere mal aus Pilze bei hoher Hitze in Gänseschmalz zu Sautieren! Die Pilze dürfen gerne in dem Gänseschmalz ein wenig frittieren und etwas braun werden – aber erst nach dem Sautieren salzen, weil ansonsten das Salz das Wasser aus den Pilzen zieht. Dann würden die Pilze in dem eigenem Saft kochen und nicht braten.
Wir braten im Jahr eine bis zwei Gänse. Eine, ganz der Tradition folgend, zu Weihnachten. Irgendwie gehört für mich die Gans zu Weihnachten dazu. Teilweise braten wir bereits eine Gans zu oder rund um St. Martin, die bekannte Martinsgans.
Warum heißt die Martinsgans eigentlich Martinsgans? Martin von Tours trat bereits in seiner Jugend in die römische Armee ein und soll an einem kalten Wintertag an einem nur leicht bekleideten und frierenden Bettler vorbei geritten sein. Als er den leidenden Bettler sah, soll er seinen Mantel mit dem Schwert geteilt haben und die eine Hälfte dem Bettler gegeben haben. Seit dem gilt Martin von Tours, der spätere Heilige St. Martin, als Vorbild für Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Sein Ehrentag ist der 11. November, an dem er beerdigt wurde.
Was hat das denn nun mit Gänseschmalz oder Gänsen zu tun? Es gibt noch eine weitere überlieferte Geschichte: Die Bürger von Tours, das heute in Frankreich liegt, wünschten sich Martin als Bischof. Der bescheidene Martin hielt sich dieses hohe Amtes für nicht würdig und soll sich in einem Gänsestall versteckt haben, um der Bischofsweihe zu entgehen. Die Gänse haben aber so laut geschnattert, dass Martin entdeckt wurde und letztlich dann doch zum Bischof von Tours geweiht wurde.
Die etwas hübschere Variante der Überlieferung sagt, dass zu Ehren von St. Martin und vor dem Beginn der Weihnachtsfastenzeit am 15. November nochmals ein Festessen veranstaltet wurde und sich alle, die es sich leisten konnten, nochmals richtig satt gegessen haben. Die rabiatere Variante besagt, dass es den Gänsen zu St. Martin an den Kragen bzw. an die Federn geht, weil sie St. Martin dereinst verraten haben.
In der traditionellen französischen Küche genießt Gänse- und Entenschmalz einen hohen Stellenwert. Man denke nur an Gänse- oder Entenconfit – das sind Gänse- oder Entenkeulen, die langsam im eigenen Fett gegart und in viel Gänse- bzw. Entenschmalz eingelegt und gereift sowie konserviert werden.
Gänseschmalz hat viele positive Eigenschaften: Es ist würzig und charakteristisch im Geschmack und trotzdem gleichzeitig mild. Der Rauchpunkt von Gänseschmalz liegt mit ca. 200 °C ziemlich hoch. Der Rauchpunkt ist die Temperatur bei der ein Fett oder Öl deutlich sichtbar zu Rauchen beginnt. Zum Vergleich: Raffiniertes Erdnussöl hat einen Rauchpunkt von ca. 230 °C, raffiniertes Rapsöl von ca. 190 °C und raffiniertes Sonnenblumenöl von ca. 250 °C. Raffiniert bedeutet bei Ölen, dass sie heiß gepresst wurden. Butterschmalz hat übrigens einen Rauchpunkt von ebenfalls ca. 200 °C. Damit sind alle angegebenen Fette und Öle auch zum Frittieren geeignet. Somit kannst Du in Gänseschmalz auch mit hoher Hitze braten, ohne dass in vermehrtem Maße schädliche Stoffe entstehen.
Gänseschmalz wird aus Gänseflomen gewonnen. Gänseflomen ist reines Fettgewebe, das sich am hinteren Teil der Ganz am Ende der Bauchhöhle bildet – je älter eine Gans ist, desto mehr Flomen bildet sie. Der Gänseflomen lässt sich ganz einfach mit den Händen ablösen. Siehe auch: Küchenhandwerk: Gans küchenfertig vorbereiten.
Wenn Du eine ganze Gans kaufst, wirst Du in der Regel auch das Gänseflomen in der Gans haben – es bringt halt einfach Gewicht und wird bei dem Kilopreis für eine Gans recht teuer verkauft. Ich habe im Januar 2021 für zwei Kilo pures Gänseflomen 11,30 € bezahlt und lag damit bei einem Kilopreis von 5,65 €.
Gänseflomen bleibt übrig, wenn Gänse zerlegt werden um Gänsebrust und Gänsekeulen zu erhalten. Sehr oft werden im Oktober bis Dezember von Supermärkten gefrorene Gänsekeulen und Gänsebrust beworben und anscheinend auch beträchtliche Mengen verkauft. Der Gänseflomen wird bei der Zerlegung der Gans sofort eingefroren. Du musst es bei deinem Geflügelhändler so gut wie immer bestellen.
Wenn Du eine ganze Gans brätst, tritt eine Menge an Fett aus, das sich unter der Haut befindet. Es kann durchaus sein, dass der ausgetretene Saft zu drei Vierteln aus Fett und einem Viertel Fleischsaft besteht. Das ist natürlich für jede Sauce viel zu viel Fett. Um eine Sauce zu ziehen, musst Du das Fett-/Fleischsaftgemisch entfetten. Dieses aus der Unterhaut stammende Fett hat die gleichen Eigenschaften, wie das aus Gänseflomen gewonnenem Schmalz. Wichtig ist für die Haltbarkeit nur, dass Du sehr sogfältig jeden Saucen-Rest entfernst.
Lange Vorrede, kurzes Rezept – ich glaube das kompakteste Rezept der ganzen Blog-Geschichte: Eine Zutat und sechs Zubereitungsschritte:
Zutaten für ca. 1.700 g Gänseschmalz und ca. 60 g Gänsegrieben:
2.000 g Gänseflomen
Erfahrene Köchinnen und Köche finden im Anhang, nach dem ausführlichen Rezept, ein Kurz-Rezept mit kurzen und knappen Zubereitungsschritten!
Ausführliches Rezept Gänseschmalz
Zubereitung:
(1) Der Gänseflomen ist von einem dünnen Häutchen überzogen, dass sich teilweise etwas löst. Diese Häutchen soweit es möglich ist entfernen. Hier musst Du nicht allzu sorgfältig arbeiten, weil Du ohnehin nur Teile dieses dünnen Häutchens entfernen kannst. Wenn bei dem Versuch die Häutchen abzuziehen wesentliche Teile vom Gänseflomen an dem Häutchen hängen bleiben, dann lass das Häutchen einfach dran. Sofern sich noch Fleischreste an dem Flomen befinden, diese sorgfältig und komplett entfernen.
Die Häutchen und möglichen Fleischreste sind in der Regel so geringfügig, dass es wenig Sinn mach sie noch irgendwie zu verwerten. Solltest Du jedoch einen Fond ansetzen, dann kannst Du die Häutchen und Fleischreste mit zu Deinem Fond geben. Ich bin ja absoluter Gegner von Lebensmittelverschwendung und bei uns wird nur etwas entsorgt, das auch tatsächlich schlecht geworden ist.
Selbst diese geringen Reste finden bei uns eine Verwendung: Dayo, unsere Rhodesian Ridgeback-Hündin freut sich sehr auf solche Abschnitte und frisst diese gerne. Verschwendung hat bei uns keine Chance!
(2) Den Gänseflomen in Würfel mit ca. 1 cm Kantenlänge schneiden. Achte dabei bitte darauf, dass Du die verbliebenen Häutchen tatsächlich alle durchscheidest. Ansonsten hängen die Grieben – auch im Gänseschmalz über die Häutchen zusammen. Das möchten wir natürlich nicht. Gebe die geschnittenen Gänseflomen-Würfel in einen für den gesamten Gänseflomen ausreichend großen Topf.
Hinweis: Der Gänseflomen hat einen sehr niedrigen Schmelzpunkt und bereits bei Zimmertemperatur fängt er an sehr weich zu werden. Wenn Dich das beim Schneiden stört, dann kannst Du den Flomen anfrieren. Dazu die einzelnen Stücke mit kleinem Abstand zueinander auf ein Blech mit Backpapier legen, das Du in Deinen Tiefkühlschrank bekommst. Wenn Du den Flomen in mehreren Lagen einfrierst, dann lege bitte auch zwischen die einzelnen Lagen Backpapier, so dass die einzelnen Stücke Flomen nicht zusammenfrieren. Solltest Du den Flomen zu lange gefroren habe und er komplett hart ist, dann lässt Du ihn eben bei Zimmertemperatur so weit antauen, bis Du den Flomen schneiden kannst.
(3) Die Gänseflomen-Würfel bei milder Hitze (bei mir Stufe 1 von 9) langsam auslassen. Die Würfel werden zunächst mehr schmelzen als braten, wie Du es vielleicht von Bacon kennst. Milde Hitze ist besonders empfehlenswert, weil dann der Prozess des Auslassens langsam von Statten geht und das Wasser aus dem Flomen entweichen kann. Zudem ist die Gefahr des Verbrennens so gut wie nicht gegeben.
(4) Aus den Flomen-Würfeln werden langsam kleine Grieben, die zunächst noch relativ beige bis sehr hellbraun sind. In dem ausgelassenen Gänseschmalz werden die Grieben weiterhin bei kleinster Hitze weiter bis zu dem gewünschten Bräunungsgrad gebräunt. Durch die milde Hitze geht dieser Prozess recht langsam. Es kann weiteres Wasser aus dem Gänseschmalz austreten und verdampfen. Durch die milde Hitze besteht kaum die Gefahr, dass die Grieben verbrennen und das Gänseschmalz ungenießbar machen. Je brauner die Grieben werden, desto mehr Röstaromen bilden sich. Allerdings steigt auch die Menge an Bitterstoffe. Ich bräune die Grieben bis etwa zu einem Walnuss-Schalen-Braun. Nach meinem Empfinden sollen die Grieben maximal bis zu einem Haselnuss-Schalen-Braun gebräunt werden. Ansonsten weisen die Grieben zu viele Bitterstoffe auf, die auch mit der geschickten Auswahl von Beilagen kaum eingefangen werden können.
Tipp: Wenn Du Dir nicht ganz sicher bist in wie weit Du die Grieben bräunen solltest, dann probiere sie einfach zwischendurch. Aber VORSICHT! Die Grieben sind extrem heiß! Wenn Du sie aus dem Gänseschmalz gefischt hast, dann verlagere die Grieben ohne Gänseschmalz zunächst auf einen kalten Esslöffel und lasse sie etwas abkühlen, bevor Du probierst.
(5) Wenn Du den gewünschten Bräunungsgrad erreicht hast, dann passieren wir das Gänseschmalz mit den Grieben zunächst durch ein feines Sieb (möglichst feines Haarsieb). Die im Sieb zurück bleibenden Grieben breiten wir jetzt auf einem doppelten Küchenpapier aus, um sie zu entfetten und beim Erkalten knusprig werden zu lassen. Die Grieben werden zwar nicht so knusprig wie langsam ausgebratener Bacon, erreichen aber einen Knusprigkeitsgrad wie die Kruste eines Brötchens vom Vortag.
(6) Das Gänseschmalz enthält jetzt noch relativ viele kleine Partikel von dem Gänseflomen. Diese wollen wir auf Grund der Haltbarkeit und der Möglichkeit des hohen Erhitzens komplett herausfiltern. Dazu säubere bitte das Haarsieb von verbliebenen Partikeln und lege das Sieb mit einem Küchenpapier aus. Das Gänseschmalz gegebenenfalls noch mal erhitzen, so dass es in heißem Zustand durch das Küchenpapier filtriert wird. Sobald das Gänseschmalz kälter wird, erhöht sich die Viskosität und es läuft nur noch verhalten bis gar nicht durch das Küchenpapier. Notfalls den Rest des noch nicht filtrierten Gänseschmalzes nochmals erhitzen und dann durch das Küchenpapier filtrieren.
(7) Das fertige Gänseschmalz in nicht zu große Twist-Off-Gläser abfüllen und verschließen. Die Gläser im Kühlschrank oder noch besser im Gefrierschrank aufbewahren. Ich friere das fertige Gänseschmalz immer ein und habe nur das Glas, das ich gerade verwende, im Kühlschrank.
Hintergrund: Gänse- und Entenschmalz wird besonders schnell ranzig bzw. bekommt eine Art „ranzige Anmutung“. Es ist das empfindlichste tierische Fett bzw. Schmalz. Durch das Einfrieren kannst Du das Ranzig werden unterbinden.
Kurz-Rezept Gänseschmalz
(1) Außen anhaftende Häutchen und Fleischreste so gut entfernen wie möglich.
(2) Den Gänseflomen in Würfel mit ca. 1 cm Kantenlänge schneiden und in einen ausreichend großen Topf geben
(3) Die Gänseflomen-Würfel bei milder Hitze (bei mir Stufe 1 von 9) langsam auslassen.
(4) Die sich bildenden Grieben in dem ausgebratenem Fett bei milder Hitze zu dem gewünschten Bräunungsgrad (bei mir ca. Walnuss-Schalen-Braun) weiter garen.
(5) Das Gänseschmalz mit den Grieben durch ein feines Sieb passieren. Die zurückbleibenden Grieben auf Küchenpapier entfetten und auskühlen lassen
(6) Das Gänseschmalz in heißem Zustand durch ein Küchenpapier filtrieren
(7) Das Schmalz in Twist-Off-Gläser abfüllen und ggf. einfrieren
Ich wünsche Dir gutes Gelingen und verbleibe mit kulinarischen Grüßen
Dein Prinz Mario (ohne Gaul und schimmernde Rüstung)
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