Küchenhandwerk: Oktopus/Pulpo küchenfertig vorbereiten

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Beitragsbild (abgeschnittener Siphon, Mund-/Kaufwerkzeug in der Mitte der Tentakeln, umgestülpter Mantel und küchenfertig vorbereiteter Oktopus)

Oktopus, Pulpo oder Krake sind unterschiedliche Bezeichnungen für das gleiche Lebewesen, das ich im Folgenden mit Oktopus bezeichne. Der Oktopus gehört zur Gattung der Kopffüßer und ist eng verwandt mit Kalmaren und Sepien. Im Gegensatz zu Kalmaren und Sepien verfügt der Oktopus nicht über den Schulp, der bei Kalmaren aus Chitin und bei Sepien aus Kalk besteht und deren Körper verstärkt.

Oktopoden sind faszinierende Tiere mit außergewöhnlichen körperlichen und kognitiven Fähigkeiten. Fangen wir mal bei dem letzteren an: Kraken sind ziemlich intelligent und lernfähig. In Versuchen lösten Oktopoden Irrgarten-Aufgaben systematisch und schneller als viele Säugetiere. Zudem lernen sie und können das Erlernte abrufen und auf neue Situationen anwenden. Neue Irrgarten-Aufgaben lösen sie systematisch durch Versuch und Irrtum. Werden Oktopoden die gleichen Irrgarten-Aufgaben ein zweites mal gestellt, können Sie die einmal ermittelte Lösung abrufen und sofort anwenden.

Die körperlichen Eigenschaften sind mindestens genau so faszinierend wie die kognitiven. Oktopoden haben ein mehrteiliges Herz – ein Hauptherz und zwei Kiemenherzen. Oktopoden besitzen vier Armpaare, also acht Arme, die Du üblicherweise Serviert bekommt, wenn Du Oktopus im Restaurant bestellst. Häufig haben Kraken einen Lieblingsarm, den sie häufiger Benutzen als die anderen Arme. Weil diese außergewöhnlichen Lebewesen über kein Skelet, keine Gräten oder, mal abgesehen von dem Mund-/Kauwerkzeug über keine „harten“ Körperbestandteile verfügen können sie sich durch extrem kleine Öffnungen zwängen. Zudem können Oktopoden einige Zeit außerhalb des Wassers überleben und nutzen diese Fähigkeit und ihre enorme Beweglichkeit um bei Ebbe in Gezeitentümpeln Krebse, Schnecken und andere Meereslebewesen zu jagen. Das reicht Dir noch nicht? OK, diese außergewöhnlichen Lebewesen verfügen über sehr leistungsfähig Linsenaugen und können sich durch Chromatophoren in der Haut sehr schnell an die Farbe ihrer Umgebung anpassen und sogar auf der Oberfläche des Mantels die Struktur in ihrer Umgebung nachbilden.

Dieses Wissen über Oktopoden habe ich mir natürlich angelesen und bei unterschiedlichen Natur-Dokumentationen erworben. Eine Quelle ist Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Kraken

Der Körper des Oktopus besteht im vorderen Teil aus dem Mantel [1], der die Eingeweide (Innereien) und die Kiemen enthält. Danach folgt der Kopf [2], der oben die Augen enthält. Die Augen sind die dunkleren Stellen über bzw. leicht rechts unter der Zwei, die den Kopf beschriftet. An den Kopf schließen sich die Tentakeln [3], die auch häufig als Arme oder Fangarme bezeichnet werden an. Am Übergang zwischen Mantel und Kopf befindet sich unten das Trichterorgan [4], auch als Siphon oder Funnel bezeichnet, das der Atmung und der Fortbewegung dient.

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Oktopus beschriftet: Mantel (1), Augen (2), Tentakeln/Fangarme (3), Siphon (4)

Oktopoden verfügen über acht Arme, die an der Unterseite mit zweireihig angeordneten Saugnäpfen ausgestattet sind. In der Mitte der Tentakel befindet sich das Mund-/Kauwerkzeug, das aus hartem, scharfkantigem Chitin besteht und schwarz, schwarzbraun bis braun gefärbt ist. Weil das Mund-/Kauwerkzeug in der Form an einen Papageienschnabel erinnert, wird es teilweise auch als Schnabel bezeichnet.

Hinweis: Das Mund-/Kauwerkzeug des Oktopus sitzt in einem starken Ringmuskel. Wie Du den „Schnabel“ entfernst und was Du machst, wenn der Ringmuskel das herausdrücken des Mund-/Kaufwerkzeugs nicht ermöglicht beschreibe ich weiter unten. Hier möchte ich Dich darauf hinweisen, dass der Schnabel sehr scharfkantig ist und das Du Dich daran schnell schneiden kannst. Daher solltest Du im Umgang mit dem Schnabel ein wenig Vorsichtig sein.

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Zweireihig angeordnete Saugnäpfe auf den Tentakeln (Fangarmen)

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Mund-/Kauwerkzeug (Schnabel) in der Mitte der Fangarme (Tentakeln)

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Mund-/Kauwerkzeug (Schnabel)

Oktopus ausnehmen:

Oktopus wird bei uns im Handel immer ausgenommen angeboten. Ich habe jedenfalls noch niemals einen unausgenommenen Oktopus kaufen können. Das Töten und Ausnehmen von einem Oktopus habe ich nur direkt bei dem Fangen des Oktopus an der kroatischen Küste der Adria kennen gelernt. Fotos zur Illustration habe ich damals leider nicht gemacht.

(1) Nach dem Betäuben den Oktopus zwischen Mantel und Fangarmen fest halten. Zwei bis drei Finger – je nach Größe des Oktopus – bis zum ersten Fingergelenk seitlich in die Mantelhöhlenöffnung schieben und dabei an der Innenseite des Mantels entlang fahren und damit die Innereien von dem Mantel des Oktopus lösen.

(2) Den Mantel des Oktopus nach außen stülpen und den Oktopus am umgestülpten Mantel fest halten. Die nun außen liegenden Innereien können nun mit der anderen Hand leicht entfernt werden.

(3) Den Oktopus nun gründlich abspülen und eventuell noch am Mantel haftende Reste der Innereien mit einem Messer abschneiden ohne den Mantel zu verletzen.

Hinweis: Bei dem Oktopus sind nicht nur die Fangarme essbar, die Du in der Regel in der Gastronomie auf dem Teller vorfinden wirst! Der Mantel ist genau wie die Fangarme essbar und hat den gleichen guten Geschmack! Es gibt nur wenig nicht essbare Teile an einem Oktopus. Nur die Innereien, das Mund-/Kauwerkzeug, der „Schnabel“, der Siphon und die Augen sind nicht für den Verzehr geeignet. Aus Respekt vor dem Tier solltest Du auch den Mantel genießen, der noch zarter ist als die Fangarme, weil er weniger Collagen enthält! Na klar serviere ich Gästen auch nur die Arme, weil das die gewohnten Teile des Oktopus sind. Nur wahre Kenner wissen die Qualität und Zartheit des Mantels zu schätzen.

Oktopus küchenfertig vorbereiten (erster Teil):

(1) Den sauber abgespülten Oktopus mit den Augen nach oben auf ein Schneidebrett legen und den Siphon ein wenig herausziehen und abschneiden.

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Siphon

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Siphon abschneiden

(2) Den Oktopus nun umdrehen, so dass die Tentakeln, die Fangarme mit den Saugnäpfen nach oben weisen und das dunkle Mund-/Kauwerkzeug in der Mitte der Tentakeln sichtbar wird. Von hinten, also von der im Moment nach unten weisenden Oberfläche des Oktopus, den Schnabel mit dem Zeigefinger oder Daumen herausdrücken.

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Mund-/Kauwerkzeug (Schnabel) in der Mitte der Fangarme (Tentakeln) - Nahaufnahme

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Mund-/Kauwerkzeug (Schnabel)

Tipp: Sollte sich der Schnabel nicht herausdrücken lassen, dann den das Mund-/Kauwerkzeug umgebenden, ringförmigen Muskel leicht einschneiden und dann den Schnabel herausdrücken.

(3) Den Mantel umstülpen, so dass das Innere nach Außen zeigt. Im Mantel befinden sich oft noch drei zapfenförmige Fortsätze. Durch diese Fortsätze waren die Innereien des Oktopus mit dem Mantel verbunden. Unter zwei dieser Fortsätze befinden sich zwei Perlonschnur-ähnliche harte Stränge, die nach dem Abschneiden der Fortsätze sichtbar werden und herausgezogen werden können. Anschließend den Mantel des Oktopus wieder zurückstülpen.

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - umgestülpter Mantel zum Entfernen der zapfenartigen Fortsätze im Mantel

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - zapfenartige Fortsätze aus dem Mantel

Hinweis: Häufig ist zu lesen, dass nur die Fangarme verwendet werden sollen, die natürlich durch ihre Saugnäpfe besonders schön aussehen. Der Mantel kann ebenfalls gegessen werden und hat das das gleiche Aroma wie die Fangarme! Die Textur des Mantels ist oft noch zarter als die der Fangarme. Ich finde das der „Nose to tail“-Gedanke, also die Verwendung aller nutzbaren Teile eines Tieres,  auch für wasserbewohnende Lebewesen wie den Oktopus gelten sollte. Also den Mantel nicht wegwerfen sondern genießen!

(4) Damit ist der erste Teil des küchenfertigen Vorbereitens des Oktopus abgeschlossen. Im zweiten Teil der Vorbereitung wird der Oktopus weiter bearbeitet, um später, nach dem Garen, einen weichen und zarten Oktopus zu erhalten. Die Augen werden erst im gegarten Zustand entfernt, weil der Oktopus im Ganzen gegart und möglichst nicht angeschnitten werden sollte. Beim Kochen des Oktopus im Wasser oder im Sud mit Aromaten laugen die Anschnitte aus und können „strohig“ werden.

Oktopus küchenfertig vorbereiten – zarter Oktopus (zweiter Teil):

Ein zarter, auf der Zunge zergehender Oktopus ist für jede Köchin und jeden Koch das Ziel, das aber leider oft nicht erreicht wird. Selbst in Restaurants habe ich schon harten, zähen und gummiartigen Oktopus serviert bekommen.

Was macht den Oktopus so schwierig? Bindegewebe oder auch Collagen ist die Antwort! Die Oktopoden besitzen kein Skelett und keine Gräten, die dem Körper Struktur geben. Die starken Muskeln, die dem Körper Halt und Struktur geben, bestehen aus vielen dünnen, übereinander liegenden Muskelfasern, die durch Bindegewebe zusammengehalten werden. Das im Bindegewebe enthaltene Collagen ist hart und macht den Oktopus bei falscher Zubereitung zäh und gummiartig.

Wie kann man dem, durch das Collagen harte Bindegewebe beikommen? Letztendlich auf zwei Wegen, die beim Oktopus kombiniert angewendet werden sollten: Brechen der Struktur und Umwandeln des harten Collagens in weiche Gelatine. Das Brechen der Struktur kann entweder durch Weichklopfen oder Tiefgefrieren erfolgen. Im Rahmen dieses Beitrags zum Küchenhandwerk Oktopus/Pulpo küchenfertig vorbereiten beschreibe ich nachfolgend diese Techniken. Das Umwandeln des harten Collagens in weiche Gelatine erfolgt bei dem Garen des Oktopus. Die Beschreibung mit den entsprechenden Hintergründen erfolgt in gesonderten Beiträgen zum Garen des Oktopus:

Küchenhandwerk: Oktopus/Pulpo Sous Vide garen

Zarter Oktopus – Weichklopfen des Oktupus:

Das Brechen der Struktur kann einerseits durch mechanische Einwirkung erfolgen. Vielleicht habt Ihr es schon mal an den Küsten von Mittelmeeranrainerstaaten gesehen: Fischer schlagen gefangene Oktopoden wieder und immer wieder auf Felsen oder die Mole im Hafen. Hier wird die Struktur durch mechanische Einwirkung aufgebrochen. Immer wieder ist zu lesen, dass ein Oktopus vierzigmal auf Stein geschlagen werden sollte, um ihn zart zu machen.

Gut, die wenigsten von Euch sollten mal so eben eine Mole oder einen großen Stein zur Bearbeitung des Oktopus zur Verfügung haben. Das mechanische Brechen der Struktur können wir in der Küche mit einem Plattiereisen, einem Fleischhammer oder einer Teigrolle (Nudelholz) bewerkstelligen. Notfalls tut es auch eine schwere Bratpfanne oder eine Stielkasserole (Stieltopf). Damit die Küche unversehrt bleibt und es nicht spritzt, solltest Du den Oktopus zuvor in einen stabilen Gefrierbeutel, besser in einen Vakuumierbeutel geben. Jetzt kannst Du beherzt ans Werk gehen und den Oktopus weich klopfen. Vierzigmal, um dem Aberglauben seinen Raum zu lassen…

Oktopus/Pulpo küchenfertig vorberetiten - Werkzeuge zum Weichklopfen (Teigrolle, Fleischhammer und Plattiereisen)

Zarter Oktopus – Tiefgefrieren des Oktopus:

Das Tiefgefrieren bei -18 °C bis -19°C für mindestens 24 Stunden ist eine andere Methode. Bei dem langsamen Einfrieren bei nicht zu tiefen Temperaturen (kein schnelles Schockfrosten) entstehen große Eiskristalle, die Zellstrukturen aufbrechen, angreifen und teilweise zerstören.

Sehr schön könnt Ihr das beim Einfrieren von Erdbeeren beobachten. Wenn Ihr frische Erdbeeren einfriert und dann wieder auftaut, haben sie eine matschige Konsistenz und schwimmen in viel Saft. Die Eiskristalle haben beim Einfrieren der Erdbeeren die Zellstruktur aufgebrochen, wodurch die Erdbeere ihre Struktur durch die zerstörten Zellen verliert und ihren Saft abgibt.

Teilweise werden beide Methoden, also das Weichklopfen und das Tiefgefrieren miteinander kombiniert. Ich verwende – bis auf die Zubereitung von Oktopus beim Camping-Urlaub – die Methode des Tiefgefrierens und habe damit beste Erfahrungen gemacht. Meiner Erfahrung nach reicht das Einfrieren vollkommen aus, vor allem wenn Du den Oktopus Sous Vide garst – damit erzielst Du immer ein optimales und gelingsicheres Ergebnis!

Jetzt ist der Oktopus küchenfertig vorbereitet und kann gegart werden. Klassisch ist das Kochen im Wasser oder im Sud mit Aromaten. Besser ist das sanfte Garen im Backofen und am besten ist das Sous Vide-Garen. Im Beitrag „Küchenhandwerk: Oktopus/Pulpo Sous Vide garen“ findest Du dazu die Beschreibung.

Ich wünsche Dir gutes Gelingen und verbleibe mit kulinarischen Grüßen

Dein Prinz Mario (ohne Gaul und schimmernde Rüstung)

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